Donnerstag, 28. Februar 2008

"Räume und Gendarm", teil 3

Berlin, AHA, 28.2.08
Protokoll
1. kurze Zusammenfassung der Diskussionen in Teil I und II
2. Klärung: Worum soll es heute gehen?
dazu die Fragen aus der Veranstaltungsankündigung:
• Welche Schlussfolgerungen können Veranstaltungsgruppen konkret aus unseren
Diskussionen für ihre Orgapraxis ziehen? (Flyer, Raumpolitik, Logos, Ankündigungen, etc.)
• Gibt es auch andere Berufsgruppen (z.B. Psychiater_innen, Kosmetiker_innen,
Lehrer_innen), die für einen Ausschluss in Frage kämen, und wenn ja, warum?
• Wie werden Ausschlüsse in queeren/trans Szenen bewusst und unbewusst produziert?
• Wie wollen wir unsere eigenen Räume gestalten?
• Wie gehen wir mit unseren internen Machtstrukturen um, und wie gehen wir mit Mobbing
innerhalb der Szene um?
• Ist die Polizei ein Repressionsapparat, und gehört sie abgeschafft?
• Brauchen wir Excel-Tabellen, um unsere Räume zu verwalten?
• Brauchen wir Streit-Schlichter_ innen?
• Was ist queer? Was ist links? Was hat das miteinander zu tun, oder auch nicht?
3. kurze Runde zu den Interessenlagen der Teilnehmenden (s. die vier Punkte unter 6.)
4. Klärung: Findet aufgrund der Debatten um Polizei in queeren/linken/trans Räumen
bereits ein gegenseitiger Boykott verschiedener Gruppen in Berlin statt?
- z. B. Trans-Tresen in der Lunte (weil polizeifreier Raum): eher individuelle Boykott-
Entscheidungen einzelner Leute, aber nicht generell zu beobachten [Trans-Tresen in
der Lunte, Weisestraße, Berlin-Neukölln, jeden 3. Montag im Monat]
5. Klärung: Wie haben sich die Berliner queer- bzw. trans-Gruppen zu dem Thema
Polizei in queeren/trans Räume nun positioniert?
- TriQ, Transradio, Weder*noch*: keine einheitlichen Gruppenpositionen, sondern
individuelle und unterschiedliche Ansichten der Leute
- Wigstöckel hat als einzige Gruppe, die Partys organisiert, bereits einen
Vereinsbeschluss gefasst: Alex darf auf die Partys kommen, wird aber nicht mehr zum
Fotografieren engagiert.
- AB queer: alle sollen Zugang haben
- Transtagung: wird jedes Jahr von einer anderen Gruppe, die sich immer neu
zusammensetzt, organisiert. Da es für dieses Jahr noch keine Gruppe gibt, ist der
Umgang der nächsten Transtagung mit dem Thema unklar. Alle Interessierten können
an der Gestaltung/Organisation der Tagung mitwirken.
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6. ein Teil der Anwesenden lässt sich in einem Nebenraum über den Stand der
Diskussion Teil I und II aufklären.
Die restlichen Teilnehmenden beginnen die folgenden vier Punkte zu diskutieren:
1. Gibt es Unterschiede zwischen queer und trans? Wenn ja, welche?
2. Wie funktionieren Ausschlussmechanismen in der queeren/linken/trans Szene?
Wie findet Mobbing statt? Wie wird mit internen Machtstrukturen umgegangen?
3. Über welche Art von Räumen sprechen wir eigentlich?
4. Welche praktischen Lösungsmöglichkeiten gibt es?
7. Diskussion
Punkt 1., queer und trans
- vielen war nicht klar gewesen, dass trans nicht immer auch queer/politisch/links meint
- Statements aus der Diskussion dazu:
o die trans-Szene ist was anderes als die queere/linke Berliner Szene
o in Berlin: großes Spektrum an Leuten und dadurch evtl. mehr
Überschneidungen zwischen queer/linken und trans Leuten
o queer ist auch in Berlin nicht immer links
o trans ist genauso keine Bezeichnung mit eindeutiger Bedeutung
Punkt 2., 3. und 4. wurden zusammen diskutiert, vor allem mit dem Ziel, Ergebnisse/
Empfehlungen zu entwickeln:
Grundsätzliche Frage: Sind für die Ausschlüsse die Orga-Teams einer Veranstaltung da?
Was für Grundsätze können wir nach den Diskussionen empfehlen? Wie sollen die Art
einer Veranstaltung und entsprechende Ausschlüsse markiert werden (auf Flyern, Plakaten
etc.?)?
Die erste Diskussionsrunde drehte sich um die Frage:
Wären wir für ein Fotografierverbot?
- Diskussionsbeiträge dazu:
- Unterschied zwischen Bühne und Publikum
- Möglichkeit der Zonierung
generell ist es nicht umsetzbar, alle Leute auf einer großen Veranstaltung zu fragen,
-
ob sie fotografiert/gefilmt werden möchten
Lösungsmöglichkeit 1: Alex sollte in Zukunft seine Kamera zuhause lassen
-
Lösungsmöglichkeit 2: auf großen Partys könnte es Zonen geben, in denen
-
garantiert nicht gefilmt und fotografiert wird
Die nächste Diskussionsrunde drehte sich um die Frage:
Wie können solche Eskalationen wie bei der Transtagung vermieden werden?
- Analyse dazu: das Problem war, dass die Veranstalter_innen der Transtagung nicht
wussten, in was für einem Raum sie ihre Party veranstalteten (Morgenrot:
links/politisch)
- in Bezug auf die Transtagung hat ein Lernprozess stattgefunden zur Auswahl der
genutzten Räume (z. B. zur Nutzung explizit linker Räume)
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Lösungsmöglichkeit dazu: Veranstalter_innen sollten Absprachen treffen mit den
-
Leuten, deren Räume sie nutzen:
o sich mit deren Türpolitiken vertraut machen und diese übernehmen
o Türpolitiken der Veranstaltung den Gästen gegenüber transparent machen (auf
den Flyern/Plakaten, Schild am Eingang u. Ä.)
o das bedeutet auch, dass die Veranstaltungsgruppe sich dazu positionieren
muss, wer bei der Party erwünscht ist und wer nicht (verkündete Offenheit
macht Ausschlüsse möglicherweise unsichtbar)
Die dritte Diskussionsrunde wurde angestoßen durch das vorgelesene Plädoyer der dieses
Mal abwesenden Mediatorin, die die ersten zwei Teile der gesamten Diskussion moderiert
hatte und die stark dafür ist, Alex nun von der Diskussion, die stattgefunden hat, in
Kenntnis zu setzen:
In welcher Form können und wollen wir mit Alex in Kontakt treten bzw. ihm die Inhalte
der Diskussionen mitteilen? Was bedeutet in diesem Zusammenhang Fairness?
- allen steht es offen, mit Alex in persönlichen Kontakt zu treten
- es wird von uns aus keine weitere Diskussionsrunde geben, z. B. mit Alex’
Beteiligung (keine_r der Anwesenden organisiert sie)
- die Protokolle der drei Diskussionsveranstaltungen sind öffentlich zugänglich über
verschiedene Listen; sie werden Alex auf diesem Wege zukommen
- es gibt nach wie vor keinen Konsens darüber, wie mit dem Thema Fairness in diesem
Zusammenhang umgegangen werden kann: einige meinen, dass es um
zwischenmenschliche Fairness gehen muss, andere lehnen das Gespräch mit einem
Angehörigen des BKA generell ab, da es aufgrund der Funktion des Beamten nicht auf
gleicher Augenhöhe geführt werden kann
generell wäre Fairness bei Ausschlüssen und Entscheidungen über Ausschlüsse gut,
-
ist aber vielleicht in diesem Zusammenhang idealistisch
Zum Abschluss ließ sich als Erfolg des gesamten Diskussionsprozesses zusammenfassen,
dass Bewusstsein geschaffen wurde für Folgendes:
1. es ist nicht möglich, Räume zu schaffen, die niemanden ausschließen
2. die Anwesenheit von Polizist_innen kann in queeren/trans Räumen ein Problem
sein
3. queer ist nicht dasselbe wie trans, und beide werden in sehr unterschiedlichen
Bedeutungen verwendet
8. Weitere Ergebnisse der Diskussionen sind zwei konkrete Projekte:
1. Es gibt in Berlin einen neuen Zusammenschluss aus der queeren Szene, der eine
linke queere Vollversammlung ins Leben rufen möchte. Der erste Termin wird
Anfang April sein, Genaueres wird noch bekannt gegeben.
2. Es wird an einem Internet-Forum für die Berliner linke queere Szene gearbeitet,
damit solche Diskussionen, z. B. zu Ausschlüssen, Machtverhältnissen, Sexismus
in der Szene usw. auch online geführt werden können.
9. Prozess zum Transgenialen CSD 07 und der Vermummung einer der Moderatorinnen:
- Prozesstermin am 3.4. um 9 Uhr, Amtsgericht Tiergarten
- Vorbesprechung für Protest am 25.3. um 19 Uhr im Bethanien
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